Gestatten: Peter Garden!

  Aus der Welt zwische ZDF und Gestapo zitiert Christian Meurer

  Am 5. Januar dieses Jahres versüßte der Privatkanal VOX uns mit der erneuten Ausstrahlung des Rudolf-Schock-Films »Schön ist die Welt« das Mittagessen. Schock, der im Anhang seines Memoirenbandes »Ach, ich hab´ in meinem Herzen« seine Filme samt Mitwirkenden penibel auflistet, verschweigt dort einen Herrn, den der Vorspann noch strahlend herausstreicht: Peter Garden. Dieser liefert im Film nicht nur eine mitreißende Samba-und-Sombrero-Nummer ab, sondern legt sogar gemeinsam mit Schock einen oberbayerischen Lederhosen-Schuhplattler samt »Watschentanz« hin. Schocks Zurückhaltung hat Gründe, die weit über die verabreichten Ohrfeigen hinausgehen dürften.
Denn auch ansonsten wird über Garden beharrlich geschwiegen – so als wäre der versierte Entertainer nicht ein Glücksbringer für jeden Privatkanal. Obwohl sein Lebenslauf eine einzige Argumentationskette dafür ist, dass er nirgendwo anders hingehört als ins Fernsehen.
Um zu erfahren, wen wir da entbehren müssen, sollten wir Gardens speckigen Gala-Teppich noch einmal zur Gänze ausrollen. Beginnen müssen wir damit im Salzburg des II. Weltkriegs.
Noch ist der damals Achtzehnjährige unter seinem bürgerlichen Namen Karl Heinz Rothmayer unterwegs. »Ich wurde mit Karl-Heinz Rothmayer Ende 1942 in Salzburg bekannt«, erinnert sich später ein Zeuge bei einer gerichtlichen Einvernahme. »Er war als Statist am Stadttheater tätig. Wir kamen innerhalb eines Freundeskreises ( u.a. Seywald, Diesenbacher, Tannenberger, Atzenböck, Fux, Nusko, Marianne Wimmer, Annemarie Kletzl ) beim Baden sowie in Caféhäusern oft zusammen.« Gleichlautend der spätere Schurkendarsteller und österreichische Grünen-Politiker Herbert Fux in einer eidesstattlichen Erklärung: »Herrn Karl-Heinz Rothmayer kenne ich seit etwa 1942, da wir beide zu dieser Zeit in Salzburg lebten. ( ... ) Ich war einmal bei ihm und seiner Mutter eingeladen. Ebenso war er einmal bei mir zu Hause. Im übrigen trafen wir uns meist in Badeanstalten oder Caféhäusern
Rothmayers hochfliegende Ambitionen vergegenwärtigt uns sein verwegenes Pseudonym: »Zu dieser Zeit nannte er sich Heinz Toriff«, verrät Herbert Fux der Münchner AZ vom 10. November 1971.
Zur Stadttheater-Clique gehört auch der ehemalige Opernsänger Alexander Anders, der sich, mutmaßlich wegen seiner im Großdeutschland Adolf Hitlers lebensgefährlichen Homosexualität, zurückgezogen hat und nun mit seinem Freund Friedrich Reischl ein Radiogeschäft betreibt. Sei es die allzu auffällige Lebenslust der jungen Theaterfreunde, sei es die polizeibekannte Neigung von Anders – eines Tages holt die Gestapo Rothmayer und seine Mutter zum Verhör. Dabei wird er beschuldigt, »sog. Feindsender abgehört, die Nachrichten verbreitet und landesverräterische Umtriebe begangen zu haben.« Zum selben Verhör gab der ehemalige Gestapobeamte, SS-Oberscharführer König, 1968 in Köln zu Protokoll:
»Mein Eindruck von Rothmayer war durchaus nicht günstig, ich hielt ihn für einen unreifen Burschen, für den es das beste gewesen wäre, dass er gleich Soldat geworden wäre
Gardens spätere Unschuldsbeteuerungen hin, Königs Antipathie her, die I. Zivilkammer des Landgerichts Mainz kommt am 4. April 1974 zu dem Schluß: »Beide wurden jedoch nach einigen Stunden wieder freigelassen, nachdem Garden lediglich verwarnt worden war ... Das lässt zwingend nur den Schluß zu, dass Garden von diesem Zeitpunkt ab für die Gestapo tätig geworden ist
Was Königs Vorgesetzter, Salzburgs Ex-Gestapochef Dr. Huber, Österreichs Bundespolizeidirektion bereits am 3. Juli 1947 bestätigte: »Rothmayer war bei der Gestapo registrierter und bezahlter V-Mann.«
Rothmayer bekam zu tun. Herbert Fux über seine Strategie in der Fernsehzeitschrift TV-Hören und Sehen (15/72):
»Er spielte sich als Nazigegner auf und überredete die Leute zum Abhören von Feindsendern. Tags darauf kam die Gestapo.« Fux selbst konnte Rothmayer damals nicht in die Falle locken, weil Mutter Fux den beiden das Feindsender-Abhören streng verbot. Andere hatten nicht soviel Glück. Die Münchner AZ vom 10. November 1971 schildert einen typischen Coup: »Die damals 15jährige Elfriede Stemmberger war im Jahre 1944 von Peter Garden ... nach Hause begleitet worden. Kurz vor ihrer Haustür zog Garden sie beiseite und machte sie auf ein Auto vor dem Haus ihrer Eltern aufmerksam. ›Das sei die Gestapo, die schon meinen Onkel verhaftet habe, erklärte mir dieser Herr Toriff alias Peter Garden. Ich sagte darauf : Nur gut, dass meine Eltern vorher ihre Unterlagen verbrannt haben. Dann trennten wir uns. › Der Onkel von Elfriede Stemmberger wurde wegen Abhörens eines Auslandssenders von NS-Richter Roland Freisler zum Tode verurteilt. Ihr Vater zu sieben Jahren Zuchthaus, ihre Mutter zu drei Jahren Zuchthaus. ›In dem Verfahren gegen meine Eltern tauchte dann in den Gestapo-Protokollen ausgerechnet jener Satz auf, den ich nur dem Herrn Garden vor der Verhaftung meiner Eltern gesagt habe, nämlich: ›Nur gut, dass meine Eltern vorher ihre Unterlagen verbrannt haben‹.«
Ähnliches widerfuhr Frau Henriette Diesenbacher laut deren eidesstattlicher Versicherung. Auch sie hatte nur Garden »erzählt, sie höre Auslandssender ab und habe am Arlberg Verbindung mit Leuten, die Personen zur Flucht verhelfen könnten.« Garden verhilft ihr zu 1 ½ Jahren Zuchthaus.
Der erwähnte Freisler-Prozeß fand statt am 21. und 22. Juli, ganz im Zeichen des Stauffenberg-Attentats auf Hitler. Ob unser Mann dabei dem blutigen Juristenhanswurst des Führers selbst ins Auge sah, ist ungeklärt. Eine Urteilsbegründung des Landgerichts Mainz hält sich bedeckt:
»Zwar ergibt sich (...) aus der vorgelegten Anklageschrift nicht, dass er (...) in der Hauptverhandlung als Zeuge aufgetreten ist. Denn er ist noch nicht einmal als Beweismittel genannt. Das schließt jedoch nicht aus, dass der Verfügungskläger nicht bereits vorher im Zuge der Ermittlungen der Gestapo ›tätig‹ geworden war, beispielsweise auch nur als Anzeiger der später von Freisler zum Tode bzw. zu langjährigen Freiheitsstrafen Verurteilten ...«
Von dem Dutzend Angeklagten wurden »Dr. Franz Seywald und Dr. Biak am 21./22. Juli 1944 durch den Volksgerichtshof u.a. wegen Abhörens von Auslandssendern zum Tode, andere im gleichen Verfahren zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt. Lediglich der Schüler Gottfried Seywald wurde ... freigesprochen, weil ein mutiger Zeuge selbst vor Roland Freisler bei seiner entlastenden Aussage blieb. Während Dr. Biak hingerichtet wurde, beging Dr. Seywald am Tage nach der Urteilsverkündung in seiner Zelle Selbstmord.« Der Prozeß widert selbst Gestapo-Mann König an. Als er »auf Veranlassung von Freisler« den sechzehnjährigen Gottfried Seywald zur Musterung bringt, äußert er sich sehr abträglich über Rothmayer:
»Auf der Rückfahrt warnte ich Gottfried Seywald ganz eindringlich vor Karl-Heinz Rothmayer und den anderen jungen Leuten seines Kreises. (...) Ich haben dem Jungen Seywald gesagt, dass Rothmayer die anderen durch seine Quatschereien und Wichtigtuerei reingelegt habe« (Protokoll von 1968). Auch die Radiohändler Anders und Reischl sind einkassiert worden. Am 26. Juli 1944 werden sie nur wegen »Abhörens von Auslandssendern« angeklagt, die Anklage wegen Homosexualität wurde aufgrund des wenig vertrauenerweckenden Zeugen Rothmayer wieder fallengelassen. Dazu der Spiegel 46/71: »Rothmayer hatte dem Sondergericht offenbar derart aufdringlich dargelegt, wie ihn der Angeklagte Anders nicht nur mit ›zersetzenden Nachrichten von ausländischen Sendern‹, sondern auch noch › durch Küsse und beischlafähnliche Bewegungen‹ traktiert habe, dass es die drei Richter ›unbedingt ablehnten, auf Grund von Bekundungen eines solchen Zeugen einen Schuldspruch zu fällen‹. In der Urteilsbegründung heißt es über Rothmayer: ›... ein ungewöhnlich ... frecher, überheblicher, boshafter ... Bursche‹
Anders und Reischl kommen ins KZ Dachau. Zehn Monate vergehen noch, bis Rothmayer sein Arbeitsplatz abhanden kommt. Seine Stimmung unmittelbar nach Kriegsende verdeutlicht Zeuge Hans Klettner dem Bezirksgericht Salzburg am 5. November 1968. Klettner und ein weiterer flüchtiger Bekannter Rothmayers, Egon Antesberger, bezeugen, Rothmayer habe »damals im Mai 1945 ... ohne bedroht oder mißhandelt worden zu sein, zugegeben, verschiedene Personen bei der Gestapo denunziert zu haben«. Im Beisein der beiden fertigt Rothmayer insgesamt drei Geständnisse an. Das kürzeste ist eine Art Einkommenserklärung: »Ich erhielt von König für meine Spitzeldienste den Betrag von ca. 800,-- Mk, sowie Wein, Likör und Cigaretten.« Ein weiteres Geständnis enthält sachdienliche Hinweise zur Verhaftung der beiden Radiohändler. Laut Landgericht Mainz hat Rothmayer »unmittelbar nach dem Ende des zweiten Weltkrieges am 28.Mai 1945 zugegeben, bezüglich Anders und Reischl habe ihm König, der frühere Gestapo-Beamte, den Auftrag gegeben, in das von den beiden gemeinsam bewohnte Haus zu gehen, um diese mit Radio-Hören hereinzulegen, da das Anders gehörende Haus für den SS-Obergruppenführer Dr. Grafenberger benötigt werde und die beiden ... aus dem Grunde verschwinden müßten.« Die Zerknirschung bleibt Intermezzo. »Heinz Toriff« überlebt den Krieg nicht – von Peter Garden soll Deutschland erst noch hören: Rothmayer schlägt die Laufbahn eines »Steptänzers und Operettenbuffos« ein (TV-Hören und Sehen, 49/70 ). Und tut sich erst einmal in Westdeutschland um – im Nachkriegs-Österreich steht er auf der Fahndungsliste.
  Den Verdacht, dass Garden irgendwann in dieser Zeit seine »ehemalige zweite Frau durch einen vorgespielten Verkehrsunfall ums Leben gebracht« hat, konnte der recherchierende Journalist des GONG, Jochen Birr, allerdings nicht erhärten. In Deutschland feiert Garden rauschende Triumphe als Kellner Leopold in Ralph Benatzkys »Weißem Rössl«. Er spielt Nebenrollen in einigen Filmen und bringt über sich Gerüchte in Umlauf: »Nicht aus Vergesslichkeit erzählt der Künstler nie, wer sein Vater gewesen ist«, wundert sich der GONG 49/70. »Dessen Namen müsse er verschweigen, weil der Herr Papa ein bekannter Kammersänger sei, mit dem er ein Schweigeabkommen geschlossen habe«. Auch die »Kontakte zu Gustav Gründgens«, über die der Stern 44/70 seine Leser zweifelnd unterrichtet, fallen wohl in jene Jahre.
Und Alexander Anders verbürgt sich noch 1972 dafür, »daß Karl-Heinz Rothmayer ihm bei einem zufälligen Zusammentreffen in Freilassing im Jahre 1961 homosexuelle Angebote machte, um nach einem gemeinsamen Intimerlebnis sicher sein zu können, dass er in Zukunft über die Tätigkeit Rothmayers für die Gestapo schweigen werde.«
1962 liierte sich Garden dann fest mit einer »ehemaligen Kölner Postangestellten« (Neue Revue 12/69), der »Miß Germany« 1955, Margit Nünke. Seine Verlobte ist nicht nur Kollegin – u.a. stand sie Peter Alexander in dessen Film »Das haut hin« zur Seite -, sondern offenbar ein Glücksgriff: »Dat Mädschen hätt´ ich ooch jewählt«, ruft Konrad Adenauer aus, als man sie ihm vorstellt. Mit Miß Nünke kommt Ruhe in Rothmayers Leben. Der Peter Garden in ihm macht zeitweilig einem Daniel Düsentrieb Platz: Er wird Erfinder und erhält am 6. August 1964 zwei Patente für Spezialschuhe, die der 1,69 m große Mann nicht nur selbst benutzt, sondern mit dem Werbeslogan »Sie und ihr Selbstbewusstsein wachsen sofort um 5 cm« mit eigenem Schuhversand auch vertreibt. Daneben spielt er Hauptrollen in mehreren Sex-Filmen, u.a. in »Hugo der Weiberschreck« und »Pudelnackt in Oberbayern«. »Das waren damals keine Sex-Filme, sondern lustige Filme. In ihnen ist der Peter doch vor jeder Biene weggerannt«, verteidigt Margit Nünke ihn später in der Neuen Revue (29/70). Das trifft nicht ganz zu: Zumindest »›Pudelnackt in Oberbayern ‹, in dem die Frauen aus einem bayerischen Dorf auf die Barrikaden gehen « und Garden mit Beppo Brehm als Dorfbürgermeister und der später zu »Lindenstraßen«-Ruhm gekommenen »Else Kling« zusammenarbeitet, ist er bei gutem Appetit. Ende der Sechziger – ein Berliner Gerichtsverfahren »wegen Beihilfe zum Mord« wurde eingestellt – hat das Paar Nünke/Garden sich konsolidiert.
»Schränke gefüllt mit 120 Kleidern, Modelle, drei Pelzmänteln, in drei Wohnungen in Berlin, Köln und München«, bestaunt die Neue Revue Miß Nünkes Wohlstand. Es schimmert im Artikel durch, dass das Pärchen damals Reklame machte: »Ihre Karriere blieb so sauber und weiß wie die Bettwäsche, die Margit als Frau Peters wochenlang im Werbefernsehen zeigt.»
Blauer Himmel – weiße Westen. Anders die Lage in der Chefetage des ZDF. Dort sorgt die miserable Moderation, mit der Vico Torriani nach Rausschmiß Lou van Burgs den „Goldenen Schuß“ weiterführt, für anhaltend schlechte Laune. Ein neuer vierter Mann soll neben den Lieblingen Kulenkampff, Frankenfeld und Carrell aufgebaut werden. Wie auch immer eingefädelt – Peter Garden bekommt seine Chance und darf einem zwangslosen bunten Abend vorstehen. Das Hamburger Abendblatt rezensiert die erste von insgesamt vier »Garden-Paties« am 28. November 1969:
»Die Idee, Paulchens Party und den Varieté-Zauber in einen Topf zu werfen, ist nicht gerade umwerfend und führte auch keineswegs zur erhofften Verdoppelung des Spaßes. Immerhin gewann die Sache durch die Loslösung vom Schema des Nummernprogramms doch ganz schön an Schwung. Und einiges geriet ganz eindrucksvoll: die Manipulationen des phantastischen Magiers, Hubert von Meyerinck als Rolls-Royce-fahrender, butlerbedienter Reinmachemann. Margit Schramm, Peter Gardens treffende Satire über die Einheitsspeisekarte in Deutschlands Gauen. Der charmesprühende Peter Garden ist ein Gewinn fürs Fernsehen, und warum die krampfhaft nach Entertainern suchende Show-Branche diesen Mann bisher ignoriert hat, ist eines ihrer tausend Geheimnisse.«
Garden lädt noch dreimal donnerstags zur Party, singt ein Duett mit France Gall im Swimming-Pool, empfängt Claude Carini und seine Cascadeure (Hamburger Abendblatt: »Sie werden im ZDF eine wilde Fechterei zeigen, die gut eingeübt ist«) und bewirtet außerdem Manuela, Roy Black, Henry Vahl, Charles Aznavour und Willy Millowitsch. Käthe Haack über Ihre Rolle: »Ich spiele eine Tante, die sich über alles aufregt, über die miniberockten Mädels, über die langen Haare und so weiter. Am Ende mach ich fröhlich mit.« Wohl weil, so ein anderer Kurzbericht, »ihr Abendkleid zum Knüller der Party« wird.
Nachdem am 16.Juli die letzte »Garden-Party« gesendet worden ist, Garden außerdem eine LP mit dem Titel »Garden-Party mit Peter Garden« veröffentlicht hat, auf der er mit dem Titel »Es ist und bleibt ein Risiko« die Schicksalsmächte provoziert, wird ihm »für 15.000 DM Abendgage« (Spiegel) ein neues Spiel anvertraut. Das hat auch private Konsequenzen. Praline 43/70 weiß, warum er nach acht Jahren Verlobungszeit nun seine Margit heiraten will: »Angesichts der mir bevorstehenden Aufgaben ist es mein Wunsch, mein Privatleben in Ordnung zu bringen«. Gardens Mutter dagegen vertraut dem Stern an: »Mein Sohn hat soviel Freiheit wie ein Kettenhund. Der Hans ist so ein anständiger Kerl. Er will sie ja auch nach so langer Zeit nicht mehr wegschicken. Natürlich will das ZDF , dass er heiratet. Ich meine ja, wenn sie wirklich hätten heiraten wollen, wenn er sich Kinder von ihr gewünscht hätte, dann wären die beiden schon längst ein Ehepaar
  Am 3. September ´70 läuft dann erstmalig seine Spiel-Show »Schwarzer Peter«. Das Hamburger Abendblatt: »Aufhänger und Angelpunkt der neuen Show ist das altgediente Kinderkartenspiel vom gestiefelten Kater, eben dem ›schwarzen Peter‹. Sechs Kandidaten können mit Glück und Geschick Preise und Prämien gewinnen. Bis zum Schluß ist alles offen, kann jeder Sieger werden. Wie im Kartenspiel taucht der gewiefte Tückebold über all auf, um die Spieler schachmatt zu setzen. Gespielt wird in zwei Vorrunden, einer Zwischen- und einer Endrunde, in denen Wissen, Reaktion, Geschicklichkeit und eine mehr oder weniger glückliche Hand bewiesen werden müssen. Ein raffiniert konstruiertes fahrbares Wertungszentrum zeigt ständig den Spielstand der Kandidaten an. Nach dem Höhepunkt der Entscheidung winkt dem Sieger eine Reise, die auf einer überdimensionalen Weltkarte ermittelt wird
Die Sendung geht daneben. Obwohl Garden »sich im Studio als Show-Napoleon aufführte, der das Fußvolk kommandieren wollte« und Miß Nünke ihrem Peter die idiot cards treu hochhält, vergißt Garden »komplette Zwíschenansagen, die später unter zusätzlichen Kosten nachgedreht und in die fertige Sendung eingeschnitten werden mussten« (GONG). Nach der zweiten Folge am 22. Oktober (Gäste: Daliah Lavi, Helmut Zacharias, Katja Ebstein) meldet die Münchner AZ am 18.11.70, daß »ZDF-Programmdirektor Josef Viehöver, Unterhaltungschef Heinz Oepen, der Redaktionsleiter Karlheinz Müller-Ruzika und der Produzent, die Firma Bertelsmann« leider »den Tod der Sendung« beschlossen haben. Am 10. Dezember läuft die letzte Folge (mit Dunja Rajter und Günter Pfitzmann). Das angeekelte Lebewohl des Hamburger Abendblattes macht endgültig auf eine Wiederholung versessen: »Wenn das ZDF sich entschließt, eine Sendung aufgrund massiver Proteste abzusetzen, muß es sich schon um einen schweren Fall von Dilettantismus handeln. (...) Ein Zirkus, aber ein stümperhafter. Was sich in der gestrigen Schlussveranstaltung wieder an gewalttätiger ›Komik‹ auf dem Bildschirm breitmachte, war so unerträglich, dass man es nicht einmal bis zur ersten Hälfte durchstehen konnte«. Leidtragendster ist jedoch Garden selbst. Vor der letzten Sendung ist einiges über seine Gestapo-Umtriebe ruchbar geworden; insbesondere der GONG hatte in einem großen Artikel erste Andeutungen gemacht. Die einsetzenden Recherchen treiben Garden zu immer wilderen Dementis.
»Der patente Peter, der netten Journalisten für freundliche Berichte zuweilen Goldmünzen überreicht hatte« (GONG 49/70), droht nun Presseleuten, sich umzubringen, »wenn das Kesseltreiben gegen mich nicht aufhört«. TV-Hören und Sehen 15/72 überliefert den Schwur: »Bei meinem Augenlicht, bei meiner Mutter: Ich bin unschuldig!« Als er versucht, den Schaden mit einstweiligen Verfügungen zu begrenzen, wird ihm unerwartete Hilfe zuteil: »Edelmarxist« Rolf Bossi, dadurch qualifiziert, dass er erst Monate zuvor im Tatort »Richter in Weiß« mitwirkte, zieht Ende 1971 den Fall an sich und lässt entlastende »Dokumentationen« erstellen.
Bossis Hilfe nützt nichts. Gardens Karriere ist ruiniert; er verliert in den folgenden Jahren alle Prozesse. Als erste Konsequenz entfällt sein sechsminütiger Gesangs-Auftritt in der Rosenmontagssendung »Tingel-Tangel« (»mit Musik und Äppelwoi im Wilden Westen«). Auch bei weiteren Anläufen kommt er nicht mehr weit, während das ZDF nun auf Nummer Sicher geht und Hans Rosenthal auf seiner Planstelle »Dalli Dalli«-Karriere machen lässt. 1974 gastiert Garden – rares Treffen! – im Musikquiz »Erkennen Sie die Melodie?« beim Antifaschisten Ernst Stankovski mit »zwei temperamentvollen Musical-Nummern« (ZDF-Pressedienst). Das österreichische Fernsehen schaltet sich aus der gemeinsamen Ausstrahlung aus, Garden hat wieder jahrelang Sendepause. Für Abwechslung sorgen weiterhin Gerichtstermine. Beim Landgericht Mainz fährt er eine Schreibkraft der Salzburger Gestapo als Entlastungszeugin auf. Außerdem sagt seine Mutter unter Eid aus, die Presse-Hetze gegen ihren Sohn habe sie in einen Nervenzusammenbruch getrieben, vorher hätte sie vom Prozeß gegen ihren Sohn nichts gewusst, außerdem sei ja nicht ihr Sohn, sondern die als Zuträgerin bei der Gestapo gewesen. Das Gericht zeigt sich von der »gesundheitlich schwer gezeichneten« Mutter Gardens zwar beeindruckt, glaubt ihr aber nicht so recht. 1979 empfängt Erika Köth Garden huldvoll in der ZDF-Sonntagssendung »Ihr Musikwunsch«: »Die Einladung ist gern an Sie ergangen.« Doch auch diesmal zeigen AZ und Süddeutsche Zeitung sofort mit Fingern auf ihn.
Eine Ahnung von Gardens weiterer Laufbahn vermittelt eine Randbemerkung der Kronenzeitung vom 15. Oktober 1981: »In Berlin stand der Mittfünfziger kürzlich als Leopold im Weißen Rössl auf einer Boulevard-Bühne. Dieselbe Rolle spielte er schon vor dreißig Jahren in München und Wien.« Mit dieser Rolle ging Garden dann offenbar auf ausgedehnte Tournee. Vom 28. Januar 1982 stammt das letzte Lebenszeichen von Garden selbst. Die Westdeutsche Allgemeine berichtete unter der Überschrift Show-Star schlug sich mit der Polizei aus dem westfälischen Lünen: »Peter Garden(57), Bühnen- und TV-Darsteller, zur Zeit mit einem Ensemble der ›Berliner Tournee‹ auf Gastspielreise, hatte in einer Nachtbar in Lünen zusammen mit seinen Schauspieler-Kollegen Gabriele Kraft (30) und Reinhard Weinalt (34) eine handgreifliche Auseinandersetzung mit der Polizei. Die Schauspieler, die nach einer Aufführung der Operette ›Im Weißen Rössl‹ in einer Bar gefeiert hatten, fühlten sich wegen des hohen Sekt-Preises übervorteilt. Der Barbesitzer argwöhnte Zechprellerei und rief die Polizei. Bei einem Gerangel um die Personalien-Feststellung gingen ein Polizeibeamter, Peter Garden und seine Kollegin zu Boden. Die Männer erlitten Gesichtsverletzungen. Nach der Schlägerei wurden den Künstlern Blutproben entnommen. Garden erstattete Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung.«
Die Dresche, die unser Oberkellnerdarsteller hier bezog, wird inzwischen verschmerzt sein. Doch mit dem Auftritt in dieser Burleske hat Garden sich leider aus dem öffentlichen Leben verabschiedet. Ein Jammer. Wieviele Fernsehabende könnte ins ein Mann mit solchen Meriten versüßen! – Auch nicht mehr allzu viele, denn bald wird er siebzig. Also, RTL, ZDF, PRO 7 – beeilt Euch!